Elterninitiative „Kinder brauchen Kinderärzte!“: Tausende Unterschriften gesammelt und übergeben
Die Elterninitiative „Kinder brauchen Kinderärzte!“ hat nach eigenen Angaben innerhalb von drei Monaten 3654 Unterschriften gesammelt. Bei einer überregionalen Aktion sind es noch mehr. Das sei ein deutlicher Hinweis auf die „die Sorgen und Nöte in unserer Region“, heißt es in einer Stellungnahme der Initiative. Die Unterschriftenaktion erstreckt sich auf die drei Landkreise Rottweil, Freudenstadt und Zollernalbkreis. Die Listen sind nun übergeben worden. Die Initiative regt ein kommunales Medizinisches Versorgungszentrum an. Die Landes-FDP unterstützt das Vorhaben.

Noch immer sind viele Familien auf der Suche nach einer Kinderarztpraxis, die sie dauerhaft aufnimmt, oder sie nehmen weite Anfahrtswege für einfache Rezepte, Atteste, planbare Impf- und Vorsorgetermine, aber vor allem für unerwartete Krankheitsfälle auf sich. Teilweise können aber auch Vorsorgetermine nur noch mit erheblicher Verschiebung durchgeführt werden, weil die Praxen keine Kapazitäten freihaben. So schildert Miriam Hempel, Mit-Initiatorin der Elterninitiative, die Ausgangslage.
Parallel zur Unterschriftenaktion hat die Bürgerinitiative in den drei Landkreisen Rottweil, Freudenstadt und Zollernalbkreis Gespräche etwa mit Bürgermeistern und Landtags- sowie Bundestagsabgeordneten sowie Landräten und Kreisräten gesucht – und auch der Kassenärztlichen Vereinigung. „Das Thema beschäftigt nicht mehr nur betroffene Eltern, sondern wird nun auch öffentlich diskutiert“, heißt es in einer Mitteilung der Initiative. An den Rottweiler Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel und den Leiter des Rottweiler Gesundheitsamts, Dr. Heinz-Joachim Adam, sind die Unterschriften der bereits abgeschlossenen Sammelaktion so übergeben worden. „Dies ist ein großer und wichtiger erster Schritt“, so die Initiative. „Vielfach war zuvor für nicht unmittelbar Betroffene gar nicht klar, wie sehr sich die kinderärztliche Versorgung hier in unserer Region teilweise schon zugespitzt hat“, heißt es weiter. Den Mandatsträgerinnen und -trägern sei dies zwar häufig bekannt gewesen, „doch was dies für betroffene Eltern konkret bedeutet, wussten auch sie häufig nicht“.


Als betroffene Mama oder Papa allein sei es schwer, an den entscheidenden Stellen Gehör zu finden oder gar eine so dringend benötigte Veränderung anzustoßen. „Bislang haben wir von allen Seiten gehört, dass man willens ist, die Situation zu ändern, doch verhindern teilweise gesetzliche Vorgaben oder Zuständigkeitsregelungen eine schnelle Umsetzung“, schreibt die Vertreterin der Elterninitiative, Hempel, weiter.
Eine Lösung könnte aus Sicht der Bürgerinitiative die Gründung eines kommunalen Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) sein. „Natürlich sehen wir, dass die ambulante medizinische Versorgung nicht die originäre Aufgabe von Gemeinden, Städten oder Landkreisen ist, dennoch ist es eine Möglichkeit, Ärztinnen und Ärzten eine Chance von (Teilzeit-)Anstellungen zu ermöglichen, Verwaltungsaufgaben zu bündeln und so die Mediziner zu entlasten“, so die Initiative in ihrer Mitteilung. So könne die kinderärztliche Versorgung vor Ort gewährleistet werden. In Furtwangen und Pforzheim gebe es beispielhafte Vorbilder.
Ziel dieser Petition ist, auf die extrem angespannte und teils unzumutbare Situation im Bereich der Kinderärzteversorgung im Kreis Rottweil, aber auch den angrenzenden Kreisen Freudenstadt, Zollernalbkreis und Schwarzwald-Baar-Kreis aufmerksam zu machen und aktiv für eine Verbesserung einzustehen. Unsere Kinder haben ein Recht auf eine gute medizinische Versorgung!
Quelle: Change.org
Überdies könne die Belastung für Eltern sowie auch die Praxisteams durch Vereinfachungen und Bürokratieabbau reduziert werden. „Dies zeigt deutlich, wie wichtig es ist, parallel an verschiedenen Stellschrauben nachzujustieren, zu prüfen, was in der aktuell angespannten Situation noch sinnvoll ist oder wo Änderungen erforderlich sind, um Eltern mit ihren kranken Kindern so gut es geht zu unterstützen, denn letztlich sind unsere Kinder und Jugendlichen die Leidtragenden der Situation“, fasst die Initiative zusammen. Familien mit Kindern dürften „nicht auf der Strecke bleiben und es reicht offensichtlich nicht, dass wir warten, bis von oben eine Lösung des Problems kommt“. Es sei „unumgänglich“, dass die kreisangehörigen Städte und Gemeinden zusammen mit der Kreisverwaltung und gegebenenfalls auch kreisübergreifend ein eigenes Konzept erarbeiten, um dem Versorgungsengpass wirksam entgegenzutreten. Gleichzeitig sollen sie sich auch bei den übergeordneten Stellen für eine Verbesserung der Situation einsetzen.
Info: Eine weitere Unterschriftenaktion parallel zu jener abgeschlossenen in den drei Landkreisen ist im Februar 2022 gestartet worden und richtet sich an die Kassenärztliche Vereinigung. Unter dem Titel „Kinder brauchen DRINGEND Kinderärzte!“ sind hier bereits knapp 6000 Unterschriften zusammengekommen.
FDP fordert Medizinisches Versorgungszentrum für Kinder- und Frauenärzte
Die FDP-Kreistagsfraktion will die Einrichtung eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) für Kinder- und Frauenärzte im Kreis Rottweil erreichen. Einen entsprechenden Antrag reichte die vierköpfige Fraktion im Kreistag ein. Sie unterstützt damit die Elterninitiative. Neben einem Bericht zu den bisherigen Aktivitäten des Landkreises fordern die Freien Demokraten die Betrachtung von vier Möglichkeiten zur Errichtung und dem Betrieb eines MVZ durch private oder die öffentliche Hand. Weitere Anträge sind angekündigt.
„Die medizinische Versorgung im Kreis Rottweil ist insbesondere im Bereich der Frauenärzte und der Kinderärzte mangelhaft. Besserung ist nicht in Sicht. Darum muss die lokale Politik handeln und entsprechenden Fachärzten ein Angebot machen“, erklärte der Fraktionsvorsitzende Dieter Kleinmann. Da immer weniger Ärzte eine Praxis alleine eröffnen oder übernehmen wollten, müsse man mit einem MVZ eine Struktur bieten, die eine Anstellung ermögliche. „Es gibt erfolgreiche Beispiele von Zusammenschlüssen von mehreren Ärzten, die gemeinschaftlich eine Praxis betreiben. Dafür brauchen diese aber Räumlichkeiten. Der Landkreis und die Kommunen können unterstützen, diese zu finden“, sagte sein Fraktionskollege und Landtagsabgeordnete Daniel Karrais. Es sei aufgrund verschiedener Gespräche deutlich geworden, dass es Interessenten für den Betrieb einer solchen Praxis gebe, so Karrais. „Da das ein regionales Thema ist, müssen hier die Städte und Gemeinden und der Landkreis an einem Strang ziehen und auch Geld in die Hand nehmen. Das müssen wir uns trotz der angespannten Haushaltslage leisten können“, ist der Wahlkreisabgeordnete sicher. Bevor man immer mehr neue kostspielige Stellen im Verwaltungsapparat schaffe, solle man sich um die wesentlichen Themen für die Menschen im Kreis kümmern, so Karrais.